Evaluation Pilotprojekt Portier Basel 

Was leistet und ­bewirkt das ­Pilotprojekt Portier Basel?
Im Rahmen einer externen Evaluation wird überprüft, inwiefern die mit dem Pilo­t­pro­jekt Portier verfolgten Ziele und ange­streb­ten Wir­kungen auch tat­sächlich erreicht werden und welcher Nutzen daraus für die unter­schiedlichen Anspruchs­gruppen re­sul­tiert. Die Evaluation wird in zwei Pha­sen durch­geführt (Dezember 2022 und Juni 2023). Das Vor­gehen bei der Eva­­lua­­tion sowie die Ergebnisse aus den Eva­­lua­­tions­­phasen werden laufend auf dieser Seite ergänzt.

Definition

Was ist eine Evaluation?
Unter einer Evaluation versteht man die sys­te­matische Bewertung von Projekten, Dienst­­leistungen, Prozessen, Wirkungen oder weiteren Sach­­ver­halten. Der Sach­­ver­halt, der bewertet wird, heisst Eva­lua­tions­­gegen­s­tand. Im Vor­feld zur Evaluation werden die Kriterien und Ziele de­fi­niert, die im Rahmen der Eva­lua­tion ana­ly­siert und be­wer­tet werden. Danach werden möglichst viele Daten zum Eva­lua­tions­gegen­stand und den Kri­te­ri­en und Zielen ge­sam­melt. Dies geschieht häufig durch den Einsatz unter­­­schied­licher Methoden, wie bei­­spiels­­weise Be­fra­gun­gen von Nutzer:innen einer Dienst­­­leis­tung oder durch die Analyse von Doku­menten und Kenn­zahlen. Durch die Analyse der ge­sammelten Daten lassen sich wichtige Erkenntnisse in Bezug auf den Eva­­lua­­tions­­­gegen­stand (bspw. ein Pro­j­ekt) gewinnen: Wie wirkt das Pro­­jekt? Werden die Ziele und Erwartungen erfüllt? Was lässt sich ver­­bessern?

Evaluatorinnen

Wer evaluiert?
Evaluationen werden häufig von externen Fach­per­so­nen durchgeführt, da diese unvor­ein­genommen sind und die gesammelten Daten aus einer neutralen Per­spek­tive bewer­ten können. Für die Evaluation des Pilot­pro­jekts Portier wurde socialdesign ag be­auf­tragt. socialdesign ist eine kleine Unter­nehmens­beratung in Bern, die sich auf das Gesund­heits-, Sozial- und Bil­dungs­­wesen spe­zia­lisiert hat. Durchgeführt wird die Evaluation von Francesca Rickli, Ricarda Ettlin und Anja Durret.
Francesca Rickli
Ricarda Ettlin
Anja Durret
Das sagen die Evaluatorinnen über die Evaluation des Pilotprojekts Portier:

Der innovative, agile und par­ti­zi­pa­tive Charakter des Projekts er­fordert einen ebenso innovativen und flexiblen Eva­lua­tions­ansatz. Öffentlich­keits­wirk­sam zu eva­lu­ie­ren bedeutet auch für uns Neuland und wir freuen uns darauf, dieses gemein­sam mit allen Beteiligten zu entdecken.

Ansatz

Wie wird evaluiert?

Mit der Evaluation werden folgende Ziele verfolgt:

  • Die Evaluation überprüft die Wirkung des Pilotprojekts Portier für die verschiedenen Zielgruppen. Die Zielgruppen des Pilotprojekts sind
    • die ältere Quartierbevölkerung von Clara und Wettstein (Menschen im 3. und 4. Alter)
    • die netzwerkbildenden Personen und Organisationen aus den beiden Quartieren
    • der Quartiertreffpunkt Wettstein
  • Die Evaluation begleitet und dokumentiert den Lernprozess, der bei den im Pilotprojekt involvierten Personen und Organisationen erfolgt.
  • Die Evaluation überprüft die Multiplizierbarkeit der im Pilotprojekt entwickelten Ansätze.

Damit die Wirkung des Pilotprojekts im Rahmen der Evaluation überprüfbar ist, wurde ein Wirk­modell erarbeitet. Das Wirk­modell zeigt auf, was im Rahmen des Pilot­projektes getan wird (Input), um ein kon­kretes Resultat zu erzielen (Output) und was dadurch verändert oder erreicht werden soll (Wirkung). Anhand konkreter Fra­ge­stel­lun­gen wird im Rahmen der Evaluation über­prüft, ob und in welchem Ausmass der gewünschte Output und die gewünschte Wirkung realisiert werden konnten.

So sieht das Wirk­modell für die Evaluation des Pilot­projekts Portier Basel aus (ver­ein­fach­te Ver­sion):

Die Evaluation wird in zwei Phasen durch­geführt (Erhebungs­phase 1 und Erhebungs­phase 2). In beiden Phasen werden mit unter­schied­lichen Methoden Daten ge­sam­melt und analysiert. Die Methoden zur Daten­erhebung werden so gewählt, dass möglichst viele unter­schiedliche Meinungen und Sicht­weisen berück­sichtigt werden können. Auf Basis der Ergebnisse aus der ersten Erhebungs­phase wurde eine erste Zwischen­evaluation durchgeführt. Nach der zweiten Erhebungs­phase folgt die Schluss­evaluation. Diese beinhaltet die Ergeb­nis­se aus der Zwischen­evaluation und die Ergeb­nis­se aus der zweiten Erhebungs­phase.

Vorgehen

Vorgehen Erhebungsphase 1

Die Datenerhebung in der ersten Erhebungs­phase erfolgte anhand von Interviews und einer Fokusgruppe mit Personen aus dem Quartier. Die in der ersten Erhebungsphase gesammelten Informationen wurden im Dezember 2022 im Rahmen einer Zwi­schen­evaluation ausgewertet und in einem Work­shop mit den Projektbeteiligten besprochen.
Zum Zeitpunkt der Zwischenevaluation las­sen sich vor­erst haupt­säch­lich Aus­sagen zu den im Rahmen des Pilot­­pro­­jekts unter­­nom­menen Akti­vi­täten (Input) sowie den daraus erziel­ten Ergeb­nis­sen und Resul­ta­ten (Out­put) machen. Die aus dem Pilot­pro­jekt resul­tier­te Wirkung wird sich erst im Rahmen der Schluss­eva­lua­tion beur­tei­len lassen.
Die Zwischen­eva­lua­tion zeigt, dass im Rahmen des Pilot­­pro­jekts unter­schied­liche analoge und digitale Struk­tu­ren für die beiden Quar­tiere auf­ge­baut wurden. Diese Struk­­tu­­ren erfül­len unter­schied­liche Ziels­etzungen:
Durch die Gesamtheit der aufgebauten Struk­turen sol­len Teil­habe und Teil­gabe geför­­dert werden. Wie genau die auf­­ge­­bau­ten Struk­tu­ren genutzt werden, wird sich in der zweiten Erhe­bungs­phase zeigen.
  • Austausch im Quartier fördern
  • Information über Projekt / Quartier­leben
  • Aktivitäten ermöglichen
Übersicht über die unterstützenden Strukturen (Stand Dezember 2022):
Aktuell bestehen im Quartier Wettstein unter­­schied­li­che lose Netzwerke (Einzel­per­sonen, Vereine, Organisa­tio­nen, Ge­wer­be). Aus heutiger Sicht liegt das Ziel des Pilot­pro­jekts darin, diese losen Netzwerke sichtbar zu machen und Ver­­bin­dungen zwischen ihnen herzustellen. Durch diese Ver­bin­dun­gen soll sich ein organisch ge­wachs­enes, informelles und selbst­orga­ni­sier­tes Teilhabe- und Teilgabe-Netzwerk bil­den. Die Zwi­schen­evaluation liefert erste Hin­weise darauf, wie das Pilotprojekt bereits zu diesem Zielbild beitragen kann:
  • Im Rahmen des Pilotprojekts konnten netz­­werk­bil­dende Elemente aufgebaut wer­den. Dies sind insbe­sondere die unter­stützenden Strukturen sowie die netz­­werk­bildenden Schlüssel­personen. Zwi­schen den einzelnen Elementen be­ste­hen jedoch kaum (oder nur lose) Ver­­bin­dun­gen.
  • Die Projektorganisation (und insbe­son­dere auch die Anlaufstelle im QTP Wettstein) hat eine wichtige Funktion: Sie steuert das Netz­werk und unterhält die unter­stüt­zen­den Strukturen.
  • In welchem Ausmass die Vernetzung zwischen den Quartierbewohner:innen bzw. den unter­schied­lichen losen Netz­werken gestärkt wer­den konnte, ist aktuell noch nicht bekannt.
Anhand dieser Erkenntnisse kann das «Teil­habe und Teilgabe»-Netzwerk zum Zeitpunkt der Zwischenevaluation (Dezember 2022) folgendermassen visualisiert werden:

Aus den Ergebnissen der Zwischen­eva­lua­tion wurden Empfehlungen für die weitere Ausgestaltung des Pilotprojekts abgeleitet. Diese Empfehlungen geben Hinweise darauf:

  • welche Fragen in Bezug auf das selbst­organisierte Netzwerk geprüft werden sollten
  • wie das Vorgehen im Pilotprojekt wei­ter­entwickelt werden könnte und wel­che Haltungs- und Kultur­dis­kus­sio­nen dabei wichtig sein könnten
  • wie die unterstützenden Strukturen weiter auf- und ausgebaut werden könnten
Zusammenfassung der Empfehlungen aus der Zwischenevaluation:
Netzwerk: Organisation, Rollen, Aufbau
  • Prüfen, ob es formalisierte Rollen im selbstorganisierten Netzwerk benötigt
  • Systematische Überprüfung des Ein­be­zugs: Sind alle Zielgruppen im Netz­werk vertreten? Falls nicht: Zugänge schaffen.
  • Prüfen, inwiefern die Vernetzung der beiden Quartiere / der Einbezug von Clara (aktuell) sinnvoll ist.
  • Empowerment Prozess beginnen: Frühzeitig überlegen, welche Fähig­keiten im Netzwerk vorhanden sein müssen und diese aktiv erarbeiten.
Prozess, Haltung, Kultur
  • Identifikation mit Projekt bewusst fördern.
  • Awareness für inklusives Vorgehen beibehalten (1) bei Projektleitung und (2) bei Netzwerkteilnehmenden.
  • Kulturwandel im Quartier sichtbar machen.
  • Diskussion rund um Unterstützung/Hilfe weiterführen.
  • Beobachten, ob und wie eine sorgende / Caring Community entwickelt werden kann.
Unterstützende Strukturen
  • Prüfen, ob es formalisierte Strukturen für Teil­gabe und Teilhabe benötigt:
    • klare Strukturen und Gefässe innerhalb derer Unterstützung angeboten und bezogen werden kann
    • Übersicht über Unterstützungsbedürfnisse und Unterstützungsangebote
  • «Multimedialen» Informationsansatz beibehalten (Information über unterschiedliche Kanäle) um möglichst viele Menschen zu erreichen.
  • Slack: Inklusivität und Usability prüfen.
  • Kombination unterschiedlicher unter­stüt­zen­der Strukturen bzgl. Funktion der Struktur, Ört­lich­keit, Form (digital vs. analog) beibehalten.
  • Nutzung der Strukturen analysieren: Welche Strukturen werden von wem, wie und zu welchem Zweck genutzt?
  • Generierung weiterer Massnahmen und Strukturen , die Teilgabe im Sinne von Zusammensein, spontan und niederschwellig Unterstützung leisten und «Da sein» fördern.

Vorgehen Erhebungsphase 2

Die Datenerhebung in der zweiten Erhebungs­phase er­folg­te anhand von zwei Inter­views mit der Projekt­leitung, 9 Inter­views mit invol­vier­ten Akteur:innen (Einzel­personen aus dem Quartier, Gewerbe, Insti­tu­tio­nen) und einer Fokus­gruppe mit Quartier­be­wohner:­innen. Anhand einer teil­neh­men­den Beob­achtung (halb­tägige Präsenz im Quartier und Studium der Unter­hal­tun­gen und Infor­mations­akti­vi­tä­ten auf den digitalen Kanälen) wurden die vor­han­denen Infor­ma­tio­nen um die Erfah­rungs­ebene ergänzt. Die in der zweiten Erhebungs­phase gesam­melten Infor­ma­tio­nen wurden unter Berück­sich­ti­gung der bereits vor­handenen Erken­ntnisse aus der ersten Erhebung­sphase aus­ge­wer­tet und die Eva­lua­tions­fragen beant­wortet. In einem Work­shop mit den Projekt­be­tei­lig­ten (Projekt­leitung, Finan­zie­rungs­partner:­innen, Personen aus dem Quartier) wurden die Schluss­er­geb­nisse bespro­chen und gemein­sam reflek­tiert.

Ergebnisse

Erkenntnisse zur erar­bei­te­ten Lösung: Auf­bau und Sicht­bar­ma­chung von Struk­turen
Seit der Zwischenevaluation im Dezember 2022 konnten weitere unter­stü­tzende Struk­tu­ren auf­ge­baut wer­den (z.B. Ansprech­personen, weitere informelle Anlässe, WhatsApp-Gruppe und Webapp). Die Schluss­eva­lua­tion zeigt, dass die im Rahmen des Pilot­projekts auf­ge­bauten analogen und digitalen Struk­tu­ren im Wett­stein-Quartier gut genutzt werden. Dies bedeutet, dass Personen aus dem Quartier darüber kommunizieren, sich informieren und sich damit vernetzen. Versuche, auch im Clara Strukturen aufzubauen, sind gröss­ten­teils am fehlenden Auf­bau von Kon­tak­ten mit (Schlüssel-) Personen aus diesem Quartier geschei­tert. Die nach­folgende Grafik zeigt die Gesamt­heit der Struk­tu­ren zum Zeit­punkt der Schluss­eva­lua­tion und ver­deut­licht das Zusammen­spiel dieser Struk­tu­ren:

  • Es gibt Strukturen mit eigenen Netz­werken (orange), die bereits vor dem Projekt bestanden haben. Diese wurden für das Projekt genutzt und konnten selbst an Sicht­barkeit gewinnen.
  • Es gibt Strukturen (blau), die im Rahmen des Pilot­projekts auf­ge­baut wurden und die primär der Sicht­bar­machung bestehender Struk­tu­ren dienen (Funk­tion: Infor­ma­tion und Aus­tausch).
  • Es gibt Struk­tu­ren (violett), die im Rahmen des Pilot­projekts bewusst auf­ge­baut wurden oder sich daraus ent­wickelt haben und primär dem Aus­tausch, gemein­samen Akti­vi­tä­ten oder der Projekt­ent­wicklung dienen.
Erkenntnisse zu Orga­ni­sa­tions­mo­dell und Zusammen­spiel ana­lo­ger und digi­ta­ler Kom­po­nen­ten
Es hat sich ein Ansatz entwickelt, der als «Multi­kanal-Ansatz» beti­telt werden kann. Dieser ist inte­gra­ler Teil der Lösung: Analoge und digitale Infor­ma­tions­kanäle und Kom­po­nen­ten wirken zusammen, damit möglichst viele und unter­schiedliche Menschen erreicht werden können. Die Eva­lua­tions­re­sul­tate zeigen: Weder die digitale noch die gedruck­te Infor­mation allein ist aus­rei­chend, um Quartier­bewohnende zur Teil­nahme und Teil­gabe zu bewegen. Zusätz­lich oder als Basis der Infor­ma­tions­ver­mit­tlung sind per­sön­liche Kontakte notwendig (Ver­trauens­auf­bau), damit Personen bspw. an einem Treffen teil­nehmen. Die Eva­lua­tion zeigt zudem, dass der Multi­kanal-Ansatz einer zentralen Steuerung und Moderation bedingt. Das Projekt ist noch nicht selbst­tragend. Für den Ver­fes­ti­gungs­pro­zess (und allen­falls auch länger­fristig) ist ein Community Management ein ent­schei­den­der Erfolgs­faktor.

Die nach­fol­gen­de Grafik stellt dar, wie das Orga­ni­sa­tion­smodell zum Zeit­punkt der Schluss­eva­lua­tion aus­ge­staltet ist. Folgende Erken­ntnisse haben sich seit der Zwischen­eva­lua­tion im Dezember 2022 akzentuiert:
  • Es konnten Struk­tu­ren und Ver­bin­dun­gen unter­schied­lichs­ter Art auf­ge­baut werden (violette Punkte mit Nummern). Die unter­schied­li­chen Ver­bin­dungs­arten sind nur exemplarisch ein­ge­zeich­net und kommen an unter­schied­li­chen Stellen im Netz­werk vor.
  • Diese Strukturen, Ver­bin­dun­gen und Kontakte sind unter­schied­lich stark und teil­weise auch nur tem­po­rär .
  • Die Wichtig­keit der Pro­jekt­orga­ni­sa­tion zeigt sich immer deut­li­cher: Zentrale Steuerung / Community Management als wichtige Vor­aus­setz­ung dafür, dass Struk­tu­ren und Kon­tak­te gebildet und unter­halten werden und die dies­be­züg­lichen Infor­ma­tio­nen vor­han­den sind bzw. ge­teilt werden.

Erkenntnisse zur Partizipation

Die Erarbeitung der Lösung erfolgte in einem äusserst par­ti­zi­pa­ti­ven Prozess. Aus Sicht der Ziel­gruppen waren aus­reichende und passende Par­ti­zi­pa­tions­mög­lich­kei­ten vor­handen und Gestal­tungs­spielraum gege­ben. Die Idee, eine digitale Lösung (ursprünglich eine App) als Hilfe­stellung für die Über­windung der Zugangs­hürden zu finden, bestand jedoch von Anfang an. Ent­sprechend war der par­ti­zi­pa­tive Prozess nur teil­weise ergebni­soffen. Der par­ti­zi­pa­tive Prozess barg zudem die Heraus­for­der­ung, dass unter­schied­liche Stake­holder mit unter­schied­li­chen Bedürf­nissen und (zeit­lichen) Ressourcen und Infor­ma­tions­stand auf­ei­nander­trafen. Dies erfor­derte viel Zeit für Dis­kus­sio­nen und eine gemein­same Ziel­findung. Zudem konnten nicht alle Menschen im Quartier gleicher­massen erreicht werden: Menschen im dritten Alter haben sich aktiv an der Erar­bei­tung der Lösung betei­ligt und wirken im Projekt mit. Menschen im vierten Alter wurden zu ihren Bedürf­nissen befragt, waren aber nicht an der Erar­beitung der Lösung betei­ligt. Auch das Gewerbe konnte bisher kaum involviert werden, Insti­tu­tio­nen/Orga­ni­sa­tio­nen nur in Einzel­fällen.

Erkenntnisse zur Wirkung des Pilot­pro­jekts auf die unter­schied­li­chen Ziel­gruppen
Durch die unter­stützenden Struk­tu­ren und das Orga­ni­sa­tions­modell haben sich unter­schied­liche Ver­bin­dun­gen und Kon­takte aus­ge­bildet. Dies hat Aus­wirkungen auf die ver­schiedenen Zielgruppen:
Netzwerkbildende Quartierbewohner:innen,
die aktiv involviert sind:

Begegnen anderen Menschen im Quartier offener und haben durch das Projekt eine Legitimation bzw. einen guten Einstieg, um in Kontakt zu treten. Spüren eine Veränderung im Quartier (offener, freundlicher).

Quartierbewohner:innen,
die über einen der Kommunikations­kanäle erreicht werden:

Veränderung/Steigerung der Informations-wahrnehmung, Wissen über Angebote im Quartier verändert sich.

Vulnerable ältere Quartierbewohner:innen:

Im Wettstein-Quartier scheint sich das Quartierleben teilweise verändert zu haben: Es entstehen mehr Kontakte, da durch die Projektstrukturen ein sicheres Kontaktknüpfen ermöglicht wird.

Mehrheit der Quartierbewohner:innen, die nicht im Projekt involviert waren:

Ob für sie eine Veränderung spürbar ist, konnte im Rahmen der Evaluation aufgrund der Datenlage nicht beantwortet werden.

Das fluide Netz­werk ent­fal­tet dem­nach eine Wir­kung zur Über­windung ver­schie­dener Hürden, z.B. durch die Schaffung von Begeg­nungs­orten, die Bereit­stellung von Informationen, den Abbau von emo­tio­nalen Hürden zur Teil­habe, sowie durch den erleich­ter­ten Zugang zu barriere­freien und kosten­losen Ange­boten. Auf­grund der Aus­sagen der älteren Quartier­be­völ­ke­rung kann gesagt werden, dass sich die Kom­pe­tenzen und Bereit­schaft digitale Kanäle zu nutzen mit dem Pilot­projekt kaum verändert haben. Menschen im dritten und teil­weise im vierten Alter haben zwar Kom­pe­tenzen im Umgang mit den digitalen Basis­kanälen (WhatsApp, Mail). Insbe­son­dere die Menschen im vierten Alter bevorz­ugen jedoch analoge Infor­ma­tion­en und haben Bedenken bezüglich der Sicher­heit und Vertrauens­würdigkeit digitaler Informationen.

Schlussfolgerungen

Welche Schlüsse ziehen wir aus den Eva­lua­ti­ons­er­geb­nissen?

Die 8 wichtigsten Schlussfolgerungen zum Pilotprojekt und dem gewählten Ansatz sind:

Das Pilotprojekt entfaltet erste Wirkungen, eine Verfestigung benötigt Zeit
Das Pilotprojekt leistet einen Beitrag dazu, Infor­ma­tio­nen und Ange­bote für unter­schied­liche Ziel­gruppen zugäng­lich(er) zu gestal­ten und begünstigt das Knüpfen persönlicher Kontakte.

Die vorhandenen und die neu geschaf­fenen Struk­tu­ren beziehen sich ins­be­son­dere auf die Infor­ma­tions­ver­mittlung und Begegnungs­orte / gemein­same Akti­vi­tä­ten.

Teilhabe und Teilgabe im Sinne von indi­vi­du­ellen Hilfe­stel­lungen (geben und empfangen) konnte sich noch nicht sicht­lich ver­stär­ken bzw. etablieren (erste Erfolge sind jedoch sicht­bar).
Mehrwert digitaler Lösungen vorerst als Ergänzung und Stärkung analoger Strukturen
Eine digitale Lösung (bspw. App) alleine funk­tio­niert (noch) nicht: Insbe­sondere Menschen im vul­ne­rablen vierten Alter haben häufig nicht die erfor­der­li­chen Kom­pe­ten­zen und die Bereit­schaft zur Nutzung digitaler Kanäle.

Kompetenzen und Einstellung bezüglich der Digi­ta­li­sie­rung sind im Wandel: aktive ältere Bevöl­ke­rung (im dritten Alter) ist mit digi­talen Struk­tu­ren ver­traut und ist sich die Anwen­dung gewohnt.
Erreichbarkeit der Zielgruppe Menschen im dritten und vierten Alter
Menschen im dritten Alter konnten durch die Akti­vi­tä­ten des Pilot­pro­jekts und die vor­han­denen und neuen Struk­tu­ren gut er­reicht wer­den und bauten diese mit auf.

Der Zugang zu Menschen im vierten Alter gestal­tet sich schwie­ri­ger. Potenzial für die bessere Erreich­bar­keit liegt in der Zusam­men­ar­beit mit Insti­tu­tio­nen/Organi­sa­tionen des Alters­be­reichs.

Zentrale Bedürfnisse von Menschen im vul­ne­rablen vierten Alter sind soziale Kon­tak­te für Aus­tausch und gemein­same Akti­vi­tä­ten sowie Sicher­heit.

Quartierbezogene Angebote sind wichtig: Die räumliche Nähe ist eine wichtige Vor­aus­setz­ung, dass Ange­bote von älte­ren Menschen genutzt werden (können).
Community Management als zentraler Erfolgsfaktor
Das Projekt Portier ist noch nicht selbst­tra­gend, dieser Proz­ess benötigt Zeit.

Ähnliche Projekte sind auf einen Zeit­ho­ri­zont von 5 Jahren aus­ge­rich­tet (waren nach drei Jahren noch nicht selbst­tragend).

Allenfalls braucht es auch danach noch eine Art Com­mu­ni­ty Mana­ge­ment bzw. for­ma­li­sier­te Struk­tu­ren und Rollen.
Partizipativer Ansatz ist wichtig und muss aktiv gesteuert werden
Damit das Projekt getra­gen wird und eine lang­fris­tige Wir­kung ent­fal­ten kann, ist ein par­ti­zi­pa­ti­ver Ansatz unum­gäng­lich (Passung zu Quartier und Bedürf­nis­sen der Bevöl­ke­rung sicher­stel­len).

Aus Sicht der Ziel­grup­pen sind und waren aus­rei­chend und pas­sende Par­ti­zi­pa­tions­mög­lich­kei­ten vor­han­den. Die Rahmen­be­din­gun­gen der Par­ti­zi­pa­tion hätten teil­weise trans­pa­ren­ter ge­macht werden können (Wie sieht der Gestal­tungs­spiel­raum aus? Was ist bereits defi­niert? Wer ent­schei­det?)
Auf Bestehendem aufbauen
Das Vorhandensein bestehender Struk­tu­ren und Ange­bote erleich­tert die Netz­werk­bil­dung (ersicht­lich anhand der Unter­schiede zwischen Wett­stein und Clara).

Zusätzliche Strukturen sind dann wir­kungs­voll, wenn sie das bereits Besteh­ende sicht­bar machen und dieses sinn­voll ergän­zen (d.h. die Gesamt­heit der Struk­tu­ren erfüllt unter­schied­li­che Zwecke: Infor­ma­tion – Aus­tausch – Akti­vi­tät).

Je mehr Strukturen und Infor­ma­tions­kanäle vor­han­den sind, desto wich­ti­ger ist die Syn­chro­ni­sie­rung dieser Kanäle (gleiche Infor­ma­tio­nen auf allen Kanälen).
Wichtige Ressourcen sind...
Persönliche Kontakte: All­ei­nige Infor­ma­tion ist nicht aus­rei­chend, um Quar­tier­be­völ­ke­rung zur akti­ven Teil­habe / Teil­gabe zu bewe­gen. Ins­be­son­dere für die vul­ne­rable Bevöl­ke­rung braucht es per­sön­li­che Kon­tak­te, damit Ver­trauen in die Menschen, Struk­tu­ren und Akti­vi­tä­ten auf­ge­baut werden kann und damit man aktiv wird (Abbau emo­tio­na­ler Hür­den).

Intrinsische Motivation der Quar­tier­be­völ­ke­rung: Rahmen muss geschaf­fen werden, inner­halb dessen die Menschen selbst­be­stimmt ihre Rolle finden können (was möchten sie wann, wie und für wen beitragen oder erhal­ten). Frei­wil­lig­keit in unserer Gesell­schaft ver­ändert sich: Ressourcen- und Moti­va­tions­frage.
Einbezug von Gewerbe und Insti­tu­tio­nen/Orga­ni­sa­tionen hat noch nicht funk­tio­niert
Einzelne Unternehmen und Insti­tu­ti­onen / Orga­ni­sa­ti­onen sind passiver Teil des Netz­werks (insb. zur Infor­ma­tions­wei­ter­gabe). Eine aktive Betei­li­gung lässt sich teil­weise nicht mit dem Grund­auf­trag ver­ein­ba­ren bzw. fehlen die Res­sour­cen für ein loka­les Engagement.

Einzelne Beispiele aus dem Pro­jekt zeigen, dass besteh­ende Insti­tu­tio­nen / Orga­ni­sa­tio­nen wichtige Kontakt­punkte zu den Ziel­grup­pen dar­stel­len und die ver­trauens­bil­dende Funk­tion wahr­neh­men können, die für Teil­habe und Teil­gabe zen­tral ist (Vor­aus­setz­ung: Res­sour­cen stehen zur Ver­fügung). In der Zusam­men­ar­beit mit Insti­tu­tio­nen liegt Poten­zial, um ins­be­son­dere auch Men­schen im vierten Alter oder Men­schen, die kaum ver­netzt sind, zu errei­chen bzw. ihnen den Zugang zum Quar­tier­netz­werk zu ermög­li­chen.

Mithilfe der Evaluation soll unter anderem die Multiplizierbarkeit der entwickelten Lösung verifiziert werden. Folgende Schlussfolgerungen lassen sich diesbezüglich ableiten:

Passung zum Quartier
Es ist entscheiden, dass die erar­bei­te­ten Lösun­gen zu den indi­vi­duel­len Gege­ben­hei­ten im Quar­tier passen. Auch die Bedürf­nisse und die Moti­va­tion der Quar­tier­be­völ­ke­rung sowie die Hürden, auf wel­che die Quar­tier­be­völ­ke­rung trifft, müssen berück­sich­tigt werden, damit die Lösung eine Wir­kung ent­fal­ten kann und vom Quar­tier getra­gen wird.
Rahmenbedingungen
Folgende Überlegungen und Rahmen­be­din­gun­gen müssen geklärt sein, um den Ansatz in wei­te­ren Quar­tieren zu mul­ti­pli­zie­ren:

  • Was genau soll multipliziert werden: das Ergeb­nis oder der par­ti­zi­pa­tive Pro­zess? Aus exter­ner Sicht ist der par­ti­zi­pa­tive Pro­zess zur Erar­bei­tung von Lösun­gen und Schaf­fung von Struk­tu­ren bereits ein wich­ti­ger Teil des Resul­tats (ins­be­son­dere bei Anspruch auf Ergebnis­of­fen­heit).

  • Der par­ti­zi­pa­tive Pro­zess und der Auf­bau der Struk­tu­ren muss beglei­tet werden (Com­mu­ni­ty Mana­ge­ment). Dafür müssen genügend (finan­zielle) Res­sourc­en zur Ver­fügung stehen.

  • Bestehende Struk­turen und ein ver­netzt­es Com­muni­ty Mana­ge­ment sind wichtige Pfeiler, um das Pro­jekt eta­blie­ren zu können und trag­fähig zu machen.
Multiplizierbare Elemente aus dem Pilotprojekt
Das im Pilotprojekt Portier Basel aufgebaute Wissen:

  • Der konzeptionelle Ansatz und das Projektvorgehen
  • Rolle (Community Management mit Funktionen und Aufgaben), Projektorganisation
  • Ideensammlung für mögliche unterstützende Strukturen
  • Katalog förderlicher Rahmenbedingungen und möglicher Herausforderungen


Die im Pilotprojekt Portier Basel entwickelten Tools:

  • Kommunikationsvorlagen, bspw. Infor­mations­flyer, Teil­habe-Karten, Plakate, Setz-dich-dazu
  • Webapp

Empfehlungen

Welche Empfehlungen lassen sich für die Weiterführung von Portier Basel ableiten?

Aus den Ergebnissen der Evaluation lassen sich Empfehlungen dazu ableiten, welche Fragen in Fragen in Bezug auf das selbstorganisierte Netzwerk geprüft werden sollten, welche Erfolgsfaktoren zu erhalten oder auszubauen sind und wo noch ungenutztes Potenzial besteht. Die meisten Empfehlungen lassen sich auch auf allfällige weitere Projekte übertragen.

Netzwerk: Organisation, Rollen, Aufbau
  • Das Community Management (hier der Quar­tier­tref­fpunkt Wett­stein) ist uner­läss­lich für Auf­bau und Erhalt des Netz­werks und daher wei­ter­zu­füh­ren, bis das Netz­werk von der Com­muni­ty getra­gen wird (mög­lich­er­weise auch länger­fris­tig).
  • Prüfen, ob es weitere for­ma­li­sierte Rollen im selbst­or­ga­ni­sier­ten Net­zwerk benötigt. Personen, die ein Commitment zum Pro­zess haben, können so hand­lungs­fähig gemacht werden (z.B. durch die Bildung von Arbeits­gruppen, Sub­gruppen, etc.)
  • Die involvierten Personen sollen sich ihre Funktion selbst geben können – abhän­gig davon, was sie bei­tra­gen oder empfangen können und möchten.
  • Unterstützung (auch emotional) der invol­vier­ten Per­so­nen durch Fach­per­so­nen (bspw. bzgl. Abgrenz­ung) gewähr­leis­ten.
  • Systematische Über­prüfung des Ein­bezugs: Gibt es Ziel­gruppen die nicht / wenig ver­treten sind? Falls ja: Gezielte Suche nach Schlüssel­personen und wei­te­ren Mög­lich­kei­ten, um die fehlenden Ziel­gruppen zu invol­vie­ren
Prozess, Haltung, Kultur
  • Bewusstsein für Identifikationsprozess schärfen – Iden­ti­fi­ka­tion mit Pro­jekt ist rele­van­ter Aspekt für Erfolg des Pro­zesses.
  • Awareness für inklusives Vorgehen beibehalten (1) bei Projek­tleitung und (2) bei Netz­werk­teil­neh­men­den.
  • Kulturwandel im Quartier sich­tbar machen.
  • Diskussion rund um Unter­stützung / Hilfe weiter­führen.
Unterstützende Strukturen
  • Kombination unterschiedlicher unterstützender Strukturen bzgl. Funktion der Struktur, Örtlichkeit, Form (digital vs. analog) beibehalten.
  • Um Einbezug und Einstieg weiterhin zu ermöglichen und zu fördern, den «multimedialen» Informationsansatz» beibehalten oder ausbauen (Information über unterschiedliche analoge und digitale Kanäle).
    • Verschiedene digitale Kanäle sind wichtig, um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen. Misstrauen gegenüber digitalen Kanälen nicht unterschätzen und allenfalls Angebote schaffen, um diesbezügliche Hürden zu überwinden.
    • Beim Ausbau der Kanäle (v.a. der digitalen Kanäle) darauf achten, dass die Rolle der einzelnen Kanäle für die Zielgruppen klar ist und die Synchronisation der Kanäle sichergestellt ist (Steuerung idealerweise über das Community Management). Nur so viele unterschiedliche Kanäle wie nötig, um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen.
  • Persönliche Kontakte aktiv als Ressource mitdenken und nutzen: (digitale) Informationen führen erst durch weiterführende Erklärungen und/oder Vertrauensbildung im persönlichen Austausch zu Handlungen (im Sinne von Teilhabe und Teilgabe)
  • Prüfen, ob es formalisierte Strukturen für Teilgabe und Teilhabe benötigt:
    • klare Strukturen und Gefässe innerhalb derer Unterstützung angeboten und bezogen werden kann (z.B. digitale und analoge Teilnahme und Teilgabe Börse einrichten)
    • Übersicht über Unterstützungsbedarf und Unterstützungsangebote

Das Pilotprojekt Portier Basel wurde finanziert durch

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